Die Reiterei ist eine Passion, der Wunsch nach Harmonie und Einheit im Umgang mit dem Pferd ein Virus.
Es gibt zwei Möglichkeiten der Infektion: die Eine ist harmlos, schmerzfrei und geht üblicherweise schnell wieder vorbei, ohne Risiken und Nebenwirkungen.
Die Andere nimmt einen anderen Verlauf: Anamnesen meist nicht ausreichend, Diagnosen vielfältig und nicht standardisiert, ohne ein klassisches Patentrezept. Man lernt, lernt und lernt- leider nicht immer von wirklich guten Pferdemenschen und Ausbildern, denn die, so musste ich feststellen, sind rar gesät-, und fängt ab einem gewissen Punkt an, selbst hinzuschauen und selbst zu denken: offen, kritisch und zum Wohle des Pferdes. Diese Form der Infektion bezeichne ich als Passion.
Auch ich habe irgendwann einmal angefangen – wie alle Reiter, die vom Pferdevirus infiziert werden; das war im Jahr 1972, da machte ich meine ersten Reiterfahrungen auf einer Lipizzanerstute und wurde mit der zweiten Sorte Virus infiziert.
Ursprunglich habe ich den Beruf der Bibliothekarin gelernt und ausgeübt.
In den Jahren folgte ich allerdings immer mehr meiner Berufung und machte aus meiner Passion eine Profession.
Inzwischen kann ich gut und gerne auf mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Reiterei, im Umgang und Ausbildung unterschiedlichster Pferdetypen und Rassen zurückblicken.)
1979 bekam ich mein 1.eigenes Pferd und in Anlehnung an die klassische Dressurausbildung wurde daraus im Laufe der Jahre ein zuverlässiges, bis S-Dressur ausgebildetes und auch im Gelände sicheres Reitpferd und zusätzlich ein guter Freund.
Wie gesagt, auch ich ging durch die klassische Skala der Dressurausbildung.
1990 mit meinem Hannoveranerwallach „Ladino“ von Ludendorff
Nachdem ich die Basisausbildung absolvierte, die Grundbegriffe der Reiterei gelernt und verschiedenste Pferdetypen trainiert hatte, fing ich an, selbständig zu denken, seit Jahrzehnten geltende Reitervorschriften der Sportdressur zu hinterfragen und mir die Antworten bei meinen Pferden einzuholen. Ich stellte für mich fest, dass die in Deutschland und vielen Teilen Europas übliche Art der modernen Sportpferdeausbildung nicht mit meinem Sehen, Denken und Fühlen übereinstimmte. Für mich standen die Bedürfnisse des Pferdes, eine pferdegerechte Ausbildung mit viel Geduld und für das Pferd ausreichend Zeit unter Berücksichtigung seiner Anatomie und Psyche im Vordergrund.
Im Laufe der Jahre besuchte ich Seminare von verschiedenen Ausbildern wie Bent Branderup, Richard Hinrichs, Eddy Willems, Phillipe Karl, Bea Borelle , beobachtetet deren Entwicklung und suchte nach passenden Ideen für meine Arbeit.
Im Spätsommer 2006 lernte ich Pascale Berthier kennen. Da mich Baucher schon immer sehr interessierte, ich aber keine Informationen über die Umsetzung seiner Methoden in der heutigen Praxis hatte, war das ein großes Glück für mich!
Wir pfllegen einen intensiven Austausch und durch sie lernte ich auch Jean-Claude Racinet kennen, mit dem sie schon seit einigen Jahren arbeitete. Im Sommer 2006 durfte ich ihn auch persönlich kennen lernen. Mit Mitgliedern unseres Arbeitskreises besuchte ich ein Seminar in der Oberlausitz, im Herbst dann ein 2.
Am 2. und 3. Oktober 2007 war es dann soweit: Jean-Claude Racinet kam zu mir zum Training!! (Der 1.Unterricht für mich nach über 30 Jahren ) Im Mai 2008 durfte ich dann ein 2.Mal mit ihm arbeiten!( Link zu Cortijero)
Seine ruhige, feine Art mit den Pferden zu arbeiten und sich ihnen verständlich zu machen, begeisterte mich immer wieder .
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht wissen, dass es leider die letzte persönliche Lektion sein würde. Sein Tod hat mich zutiefst getroffen und eine große Lücke hinterlassen, aber er hat soviel Wertvolles und Wissenswertes bzw. Notwendiges und Unabdingbares für die Reiterei hinterlassen und seine Lehren werden meine Arbeit begleiten und immer wieder bereichern.
Und somit bin ich dankbar für die kurze Zeit und äußere meine Hochachtung und meinen Respekt vor diesem einzigartigen Menschen, auch wenn ich mir selbst gewünscht hätte, noch viele Jahre der Zusammenarbeit und des Austausches gehabt haben zu können.
Es sind nicht Zeit, Häufigkeit und Regelmäßigkeit, die Begegnungen zwischen Menschen ausmachen, sondern ihre Einstellung, an Gleiches zu glauben, Ihre Energie, „Gutes“ weiterzuentwickeln und Ihr fester Wille, sich einer Sache mit ganzem Herzen zu widmen, für diese einzustehen und sie letztendlich voranzutreiben. Es ist die Erkenntnis und Offenbarung im Augenblick um des Wissens einer besonderen Verbundenheit, welche uns offen macht und teilhaben lässt.
Mit Tränen in den Augen lese ich deinen Nachruf.
Ich und meine Pferde haben seinen Reitlehren viel zu verdanken.
Würde mich freuen, wenn wir uns bei dem Treffen am 5.5.2013 persönlich kennen-
lernen könnten.
Sabine